IPCC
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon: „Schlimmste Szenarien wie Science-Fiction” – Appell zum schnellen Handeln – Treibhausgas-Ausstoß muss bis 2015 deutlich zurückgehen: „Es gibt keine Zeit mehr zu verschwenden!”
Klimawandel vor unserer Haustür, Gletscherschwund am Dachstein: links um 1920, rechts 2003. Größter Wachstumstreiber bei Treibhausgas-Emissionen ist der Straßenverkehr. Trotzdem wollen einige Regionalpolitiker weiter eine „leistungsfähigere” Straße bauen und damit mehr Verkehr durch das Ennstal lotsen. Wir empfehlen als Werbeslogan für die nächste Wahl: „Gemeinsam in den Klimakollaps!”
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat im spanischen Valencia die politischen Führer der Welt eindringlich aufgerufen, die Gefahren des Klimawandels schnellstmöglich und mit aller Entschiedenheit zu bekämpfen. „Die Nachricht kann nicht einfacher sein”, sagte er bei der Präsentation der Zusammenfassung des diesjährigen Weltklimareportes am Samstag in Valencia. „Die Gefahren sind real und können einfach bekämpft werden.”
Dieser Prozess müsse noch im Dezember bei der UN-Klimakonferenz auf Bali beginnen. Dort solle ein Weg zur Reduktion der Treibhausgase starten, dem alle Länder zustimmen könnten, sagte Ban. Diese Verhandlungen müssten bis 2009 abgeschlossen sein, verlangte er. „Es gibt keine Zeit mehr zu verschwenden. Die Forscher haben klar und einstimmig gesprochen.” Dies erwarte er nun auch von den Politikern. Die Klimakonferenz auf Bali müsse politische Antworten auf die wissenschaftlichen Ergebnisse geben. Kritiker warnen jedoch, die Studie würde die Gefahren möglicherweise als zu gering einschätzen.
Der Chef des UN-Klimarates IPCC, Rajendra Pachauri, sagte, dass nur noch bis zum Jahr 2015 Zeit bleibe, die Freisetzung der Treibhausgase zu bremsen. Dann aber müsse das Maximum des Ausstoßes spätestens erreicht sein. „Glücklicherweise hat die Menschheit einige Möglichkeiten, zu handeln.” Zugleich warnte er: Selbst wenn die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) auf dem Stand von heute bliebe, werde das den Meeresspiegel auf Jahrhunderte hinaus nicht stabilisieren. Zudem hätten sich seit den 1970er Jahren die Dürregebiete vergrößert. Der neue Bericht nenne als besonders gefährdete Regionen unter anderem die großen Flussdeltas Asiens und Afrikas. 20 bis 30 Prozent der bekannten Arten seien in Gefahr, auszusterben, sagte Pachauri. UN-Generalsekretär Ban betonte: „Die schlimmsten Szenarien des IPCC sind so angsterregend wie ein Science-Fiction-Film.”
Der Chef des UN-Klimarates IPCC, Rajendra Pachauri, mahnte zum schnellen Handeln: Selbst wenn die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) auf dem Stand von heute bliebe, werde das den Meeresspiegel auf Jahrhunderte hinaus nicht stabilisieren. Zudem hätten sich seit den 1970er Jahren die Dürregebiete vergrößert.
Der „Online-Spiegel” fasst jedoch mehrere Punkte zusammen, die für noch schlimmere Szenarien sprechen: Der Report beziehe Forschungsergebnisse bis Mitte 2006 ein – jüngere Studien blieben jedoch unberücksichtigt. Der CO2-Ausstoß sei jedoch schneller gewachsen als bis dahin vermutet worden war. Zudem könnten die natürlichen Abbau-Helfer (Ozean und Pflanzen) überschätzt worden sein. Auch das Meereis schmelze immer schneller – die Arktis könne laut Forschern schon im Sommer 2030 eisfrei sein, Jahrzehnte vor den Klimaprojektionen im IPCC-Report. Dadurch würde auch der Meeresspiegel schneller ansteigen, wozu auch Festlandgletscher beitragen könnten.
Die USA begrüßten den Klimabericht. „Wir haben eine sehr ausgewogene Position erreicht”, meinte die US-Delegationsleiterin bei den Verhandlungen des Weltklimarates, Sharon Hayes. Kritiker hatten den USA vorgehalten, sie hätten bei den Verhandlungen in Valencia versucht, den Klimabericht zu verwässern. Der Verantwortliche für Umweltpolitik im Weißen Haus, Jim Connaughton, betonte, dass rasches Handeln notwendig sei. Allerdings nannte er keine konkreten Zahlen oder Daten beim Vorgehen gegen die Erderwärmung.
Mit Blick auf das mit Grafiken, Fußnoten und Daten eng beschriebene, 23-seitige Dokument sagte der Chef des UN-Umweltprogramms Achim Steiner, dass es nun ultimativ auf jeden einzelnen Bürger ankomme, die darin genannten Möglichkeiten zur CO2-Verringerung umzusetzen.
Nach Ansicht der Umweltorganisation Greenpeace gibt der Report Grund zur Besorgnis. „Wer sich jetzt noch weigert die CO2-Notbremse zu ziehen, setzt das Leben unzähliger Menschen und Tiere aufs Spiel. Ausreden lässt dieser Bericht nicht mehr zu”, sagte Greenpeace-Klimaexpertin Gabriela von Goerne. Zusammen mit der Umweltstiftung WWF forderte Greenpeace, die Staatengemeinschaft solle in den kommenden zwei Jahren ein Klimaschutzpaket vereinbaren, das Industrieländer verpflichtet, ihre Treibhausgase bis zum Jahr 2020 um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern.
UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon (Mitte) bei der Präsentation des Klimaberichts in Valencia.
Für seine Verdienste um den Schutz des Klimas erhält der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) am 10. Dezember den Friedensnobelpreis 2007. Das ehrenamtlich tätige Forschergremium fasst die weltweiten wissenschaftlichen Daten zum Klimawandel zusammen. So deutlich wie nie zuvor haben die drei Teile seines insgesamt 4. Klimareportes in diesem Jahr gezeigt, dass der Mensch die Hauptschuld an der Erwärmung des Klimas um bisher rund 0,7 Grad Celsius seit dem Beginn der Industrialisierung hat. Der in Valencia erarbeitete Synthese-Report bietet keine neuen Ergebnisse sondern fast den 4. Klimareport verständlich zusammen.
Quellen: APA/dpa/ Spiegel Online/ Der Standard, 18. November 2007