Moreau
Wir können stolz sein. Wir leben nicht nur im Land der Hämmer, sondern inzwischen auch im Land der Unschuldsvermutung. Oder, wie Falter-Chefredakteur Armin Thurnher treffend formulierte, „im Land der lächelnden Unschuldsvermutung”. Weil doch alles „supersauber” ist. Bei manchen Akteuren des öffentlichen Lebens, so Hans Rauscher im Standard, ist die Unschuldsvermutung quasi schon zum Teil des Namens geworden: Karl-Heinz „Es gilt die Unschuldsvermutung” Grasser. Oder Walter „ESGUV” Meischberger. Oder Peter „ESGUV” Hochegger … Auch für Jörg Haider, der sich durch betrunkene Autoraserei selbst umgebracht hat, gilt die Unschuldsvermutung. Hypo-Desaster, Millionenzahlungen von Diktator Saddam Hussein, Geheimkonten in Liechtenstein … Inzwischen sollte selbst für einfältige Gemüter offensichtlich geworden sein, dass der Saubermann und zuerst blaue, später orange Schmähführer von der Partei der „Fleißigen und Anständigen” dort, wo er etwas zu reden hatte, einen finanziellen Sauhaufen angerichtet hat, der die wirtschaftliche Substanz des Landes bedroht. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Unschuldsvermutung hat natürlich ihren rechtsstaatlichen Sinn. Art. 11 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO besagt: „Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.” In Österreich soll § 7b Mediengesetz den Schutz der Unschuldsvermutung in der Berichterstattung von Massenmedien gewährleisten.
Neulich war ein Onkel zu Besuch. Der hat es nicht so mit der Unschuldsvermutung. Seiner Meinung nach sind Politiker „lauter Verbrecher”. Mit dieser Überzeugung ist der Onkel leider nicht allein. Sie ist unter Leuten jeden Alters, die nicht differenziert denken wollen oder können, ein beliebtes Vorurteil. Es gibt Medien und Parteien, die diese Vorurteile erzeugen, schüren und bewirtschaften. Da das aber nicht der Höhepunkt der menschlichen Evolution sein kann, sollten wir von Fall zu Fall versuchen, genau zu unterscheiden, wer was getan hat. Dazu braucht es eine unabhängige Justiz. Allerdings sind Fälle von politischer Einflussnahme in Verfahren bekannt geworden. Beispielsweise wurde ein Verfahren gegen den Kärntner Landeshauptmann Gerhard „ESGUV” Dörfler mit der irren Begründung eingestellt, Dörfler habe die Folgen seines Tuns nicht abschätzen können. Darum braucht ein demokratisches Gemeinwesen, um lebensfähig bleiben zu können, auch starke, unabhängige Medien, die derlei öffentlich machen. Unsere Medien sind allerdings selten wirklich unabhängig, allzu oft wird deren demokratiepolitisch wichtige Rolle – die Herstellung von Öffentlichkeit – vernachlässigt zugunsten wirtschaftlicher Vorteile.
P.S.: Public Relations (PR) dient dazu, die Meinung und das Verhalten von Menschen zu manipulieren. Verkehrslandesrätin Edlinger-Ploder hat 2008/2009 die PR-Firma von Peter „ESGUV” Hochegger beauftragt, das „Umfeld der Ennstaltrasse zu managen”. Kosten für den Steuerzahler: 110.400 Euro. Wurde dieses Geld verschwendet, um Bürgeranliegen professionell zu bekämpfen? Auch diese Angelegenheit gehört restlos aufgeklärt. ESGUV ;--)
Zuerst erschienen in: Aktiv plus, September 2010