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Heinz Högelsberger

Gratis-Bahn für alle

Vorwärtsstrategie statt Kaputtsparen
als Antwort auf das ÖBB-Rekorddefizit.

Die ÖBB haben im Jahr 2008 ein Defizit von einer Milliarde Euro eingefahren, und die Gegenmaßnahmen des Managements sind gleichermaßen hilflos wie kontraproduktiv: Sparen beim Personal und Tariferhöhungen.

Bei den Eisenbahnern 200 Millionen Euro einsparen zu wollen wird – das zeigt die Erfahrung – wieder auf Kosten von Service und Qualität gehen. Und mit der geplanten Erhöhung der Fahrpreise um 4,9 Prozent werden heuer nicht einmal 35 Millionen Euro in die ÖBB-Kassen gespült.

Man sieht: relativ wenig Effekt bei maximaler Verärgerung der Kunden.

Da wäre es gleich besser, sich mit dem Defizit abzufinden und die Passagiere gratis fahren zu lassen. Die Idee der Gratis-Öffis ist nicht neu und wurde zuletzt von einem so unverdächtigen Zeitgenossen wie E-Control-Chef Walter Boltz ins Spiel gebracht. Seine Argumentation lautet sinngemäß: Die öffentliche Hand trägt ohnehin schon zwei Drittel der Öffi-Kosten, – da kommt es auf den Rest auch nicht mehr an. Wäre das ein gangbarer Weg? Wie würde tatsächlich eine zukunftsfähige Bundesbahn aussehen, die der Bevölkerung Österreichs zu einer umweltgerechten Mobilität verhelfen könnte? Hier eine Annäherung in drei Schritten:

1. Zumindest im Nahverkehr wäre die Gratisbenutzung der Bahn ein Quantensprung. Viele Regionalzüge sind jetzt schon schaffnerlos unterwegs, sodass der Kauf eines Fahrscheins eher einer freiwilligen Spende gleichkommt. Die Bahn könnte jedenfalls die zahllosen und komplizierten Fahrscheinautomaten einsparen, deren Betrieb sich pro Stück und Jahr mit 8000 Euro zu Buche schlägt. Um eine möglichst flächendeckende Mobilitätsversorgung zu gewährleisten, müsste das Regionalbahnnetz kräftig modernisiert, beschleunigt und ausgebaut werden. Viele stillgelegte Strecken sollten reaktiviert werden. All diese Ausbauarbeiten hätten den Vorteil, relativ arbeitsplatzintensiv zu sein. Im Gegensatz dazu werden bei den derzeit favorisierten Megaprojekten hauptsächlich Baumaschinen und Tunnelbohrgeräte beschäftigt. Und natürlich müssten auf all diesen sanierten Regionalstrecken die Züge im österreichweiten Taktfahrplan verkehren. Das wäre eine taugliche Antwort auf Wirtschafts- und Klimakrise und würde das Grundrecht auf Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen sichern!

2. Im Fernverkehr sollten die Normaltarife auf weit unter 10 Cent pro Kilometer abgesenkt werden. Autofahrer neigen ja bekanntermaßen zum Selbstbetrug und berücksichtigen bei ihren Kostenvergleichen ausschließlich die Treibstoffrechnung. Man stelle sich aber vor, dass eine Fahrkarte von Wien nach Graz oder Linz nur 12 Euro kostet, jene nach Innsbruck 25 Euro! Wer da noch ins Auto steigt, dem ist wirklich nicht zu helfen.

3. Bleibt als letzter großer Brocken der internationale Bahnverkehr. Es ist skandalös, dass es von Österreich aus keine Direktzüge nach Brüssel oder Paris mehr gibt. Fliegen ist innerhalb Europas nicht nur 50-mal klimaschädlicher als Bahnfahren, sondern obendrein auch einfacher und meist billiger. In den internationalen Fernzügen sitzen daher nur mehr ökologisch Überzeugte, Bahnfreaks und Menschen mit Flugangst.

Im Kinowagen in die Ferne

Die Top Ten der vom Flughafen Wien aus angeflogenen Destinationen wären aber allesamt mit der Bahn erreichbar. Einerlei ob Brüssel, Paris, London oder beispielsweise Kopenhagen – all diese Städte wären von Wien aus mit attraktiven Nachtzugverbindungen gut anfahrbar. Zur Bequemlichkeit gehört, dass solche Züge nur über vier Betten pro Abteil verfügen und es – wie in Skandinavien üblich – einen Speise- und Kinowagen gibt. Mit solch einer Qualitäts- und Kostenoffensive könnte man dem unnötigen und klimaschädlichen Flugverkehr auf der Kurz- und Mittelstrecke Paroli bieten!

Autor: Dr.Dr. Heinz Högelsberger ist Verkehrsreferent bei der Umweltorganisation „Global 2000”. Quelle: Der Standard, Kommentar der Anderen, 5. Mai 2009

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Hasselt, ein Erfolgsbeispiel (PDF, 832 KB)