Christian Felber
Stellen sie sich zwei Volkswirtschaften vor: Die eine ersetzt jede menschlichen Arbeitsschritt durch eine Maschine, die viel Strom oder Benzin frisst. Hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Und viel Verkehr, weil Wohnen, Arbeiten und Produzieren weit voneinander getrennt sind. Die Energie muss teuer importiert werden, was die Handelsbilanz gleichermaßen belastet wie die globale Sicherheit. Volkswirtschaft B versucht nur solche Arbeitsschritte durch Maschinen zu ersetzen, wo es Sinn macht, wo monotone oder gesundheitsschädigende Arbeit rationalisiert werden kann. Gleichzeitig legt sie Wert auf die möglichst effiziente Verwendung von Ressourcen, um anderen Ländern keine Rohstoffe und zukünftigen Generationen keine Lebenschancen wegzunehmen. Die Innovation verlagert sich von der Arbeitsproduktivität auf die Ressourcenproduktivität. Dadurch entstehen mehr sinnvolle Arbeitsplätze, die Transportwege verkürzen sich, Wohnen, Arbeiten, Produzieren und Rezyklieren finden räumlich wieder integrierter statt.
In welcher der beiden Wirtschaften wollen Sie leben? Eben. Die Schlüsselfrage ist, ob wir rechtzeitig die Weichen stellen und unsere Kreativität umpolen oder ob wir tatenlos auf eine bruch- und schmerzhafte Veränderung warten. Der Klimawandel ist eine große Chance, „Wirtschaften“ wieder wörtlich zu nehmen, nämlich „Haus zu halten“ mit den Ressourcen. Höhere Lebensqualität und mehr – ökologischer wie politischer – Friede wird der Lohn sein.
Christian Felber, geboren 1972 in Salzburg, studierte Romanische Philologie und Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie in Wien und Madrid, seit 1996 freier Publizist und Autor, seit 2000 engagiert bei Attac Österreich, das er mitbegründet und aufgebaut hat. Christian Felber ist ein gefragter Referent zu Wirtschafts- und Gesellschaftsfragen und zählt zu den herausragenden europäischen Vordenkern einer ökologisch verträglichen und sozial gerechten Wirtschaft. Veröffentlichungen u. a.: „Schwarzbuch Privatisierung“ (gem. mit Michel Reimon, Ueberreuter, 2003); „Das kritische EU-Buch“ (hrsg. von Attac, Deuticke, 2006); „50 Vorschläge für eine gerechtere Welt – Gegen Konzernmacht und Kapitalismus“ (Deuticke, 2006). www.christian-felber.at