TU-Studie
Von den Kosten für einen Kilometer Autobahn fließen nur 6,9 Prozent in Löhne.
In Zeiten der Krise buttert die Politik gerne Unsummen in Infrastrukturmaßnahmen. Laut einer Studie der Technischen Universität Wien ist jedoch auf dem Holzweg, wer dabei auf konventionellen Straßenbau setzt: Demnach schaffen Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr und in „nicht-motorisierten” Verkehr um ein Vielfaches mehr Jobs als Tunnel- und Autobahnbau. Der Tenor der Untersuchung: Die Politik hat einfach verschlafen, dass sich die Bauwirtschaft in den letzten Jahrzehnten von Grund auf verändert hat.
Auch in Österreich werden angesichts der Wirtschaftskrise Investitionen in die Infrastruktur forciert, alleine der Brennerbasistunnel kostet mindestens acht Milliarden Euro. Den Zweck, Jobs zu schaffen, erfüllen die Projekte aber nur bedingt.
Eine Studie aus dem Institut für Verkehrsplanung der Technischen Universität (TU) Wien zeigt auf, dass Investitionen in öffentliche Verkehrsmittel, Radwege, Verkehrsberuhigung und dergleichen alles andere als Kleinkram sind. Vielmehr sind sie die wahren Jobturbos.
„Maßnahmen im Bereich des nicht-motorisierten und des öffentlichen Verkehrs führen zu wesentlich höheren Beschäftigungseffekten als der hochrangige Straßenbau”, betont Studienautor Reinhard Haller in der Untersuchung.
Haller belegt seine Aussagen in der „Österreichischen Zeitschrift für Verkehrswissenschaft” („ÖZV”) mit Zahlen aus mehreren Quellen: Jeder Euro, der für „kleine” Projekte ausgegeben wird, bringt demnach bis zu viermal so viel wie ein Euro für Autobahnen.
Die Politik muss sich den Vorwurf gefallen lassen, „übersehen” zu haben, dass Straßenbau heute etwas anderes bedeutet als vor einigen Jahrzehnten. Auf einer Autobahnbaustelle in den 60er Jahren waren tatsächlich hunderte Menschen beschäftigt; heute machen Maschinen die Jobs.
Von den Kosten für einen Kilometer Autobahn fließen laut den Berechnungen 6,9 Prozent in Löhne. Bei Innerortsstraßen sind es schon 38 Prozent, bei Fußgängerzonen 48,2 und bei Radwegen und verkehrsberuhigenden Maßnahmen überhaupt 60 Prozent.
Überhaupt gilt für Hallers Schlüsse aus den Infrastrukturmaßnahmen der letzten Jahrzehnte „Small is beautiful”: Je regionaler die Projekte angelegt sind, desto mehr bringen sie der Wirtschaft – auch abgesehen von der unmittelbaren Schaffung von Arbeitsplätzen.
Jedes Bauprojekt bringt indirekte und induzierte Beschäftigungseffekte – vom Einkauf von Baumaterial bis zum Bauarbeiter, der sich eine Wurstsemmel kauft: Bei regionalen Projekten sind diese Effekte rund doppelt so hoch wie auf Großbaustellen.
Haller weist außerdem auf einen Umstand hin, der für den Kampf gegen Arbeitslosigkeit besonders bedeutsam ist: Während man bei Großprojekten kaum je weiß, woher die Arbeiter kommen, kann man mit kleinräumigen Maßnahmen zielgenau Jobs in bestimmten Regionen schaffen.
Komplett ausgeklammert ist in der Untersuchung, wie viele Jobs eine Infrastrukturinvestition schafft, wenn sie einmal „am Laufen ist”. Es wird jedoch kaum jemand anzweifeln, dass regionale Maßnahmen Jobs eher halten als eine Autobahn, die an einem Ort vorbeiführt.
Quelle: ORF, TU Wien