Moreau
Der Sumpf reicht bis ins Ennstal. Im Sumpf ist es besonders wichtig, wer wen kennt.
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„Privat” kommt von lat. „privare”, das heißt: „berauben; der Öffentlichkeit entziehen”. Bei der Privatisierung von 60.000 Buwog-Wohnungen im Jahr 2004 haben zwei Freunde des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser kräftig mitkassiert: der Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger, seinerzeit Mitglied von Jörg Haiders (“sauberer und anständiger”) “Buberlpartie”, und Dr. Peter Hochegger, Gründer, Geschäftsführer und “Chairman” der Wiener PR-Agentur Hochegger.com.
Hochegger.com? Da schrillen bei gut informierten Ennstalern die Alarmglocken: Hochegger.com ist jene PR-Firma, die von Verkehrslandesrätin Edlinger-Ploder (ohne Ausschreibung) mit einem so genannten „Umfeldmanagement für die Ennstaltrasse” beauftragt wurde. Für zehn Monate „Gehirnwäsche” inklusive Konzeption einer Scheinbürgerinitiative hat Hochegger.com 110.400 € erhalten. Nicht ganz so lukrativ wie der Buwog-Deal: Für den haben Meischberger und Hochegger rund 10 Millionen Euro „Provision” kassiert. Ob Freund „Meischi” und Freund Hochegger für ihre „Provision” auch etwas geleistet haben, ist nicht so klar. Jedenfalls wollen die zwei sauberen Berater bis vor kurzem „nicht gewusst” haben, dass man die leicht verdienten Millionen in Österreich auch versteuern muss. Sehr wohl wusste das Lobbyisten-Duo allerdings, dass fürs steuerfreie Abkassieren eine Scheinfirma auf Zypern und ein Konto in Liechtenstein besser geeignet sind als eine echte Adresse in Österreich.
Für Hocheggers PR-Firma ist der Fall ein Super-GAU. Der „Chairman” im Zentrum eines bundesweit Aufsehen erregenden Kriminalfalles – jetzt können Hocheggers hoch bezahlte PR-Agenten einmal „in eigener Sache” zeigen, wie man so eine „Krise” managt. Ob Hochegger als mutmaßlicher Steuerhinterzieher nun „ins Häfn” geht oder nicht – die Propaganda-Experten werden die Sache schon hinbiegen. So erklärten die Lobbyisten bereits kurz nach Bekanntwerden der Affäre, die Agentur habe mit dem Buwog-Lobbying-Auftrag nichts zu tun gehabt, der „Geschäftsfall” sei allein Angelegenheit von (Firmenchef) Dr. Peter Hochegger; dieser ziehe sich jetzt eh aus der Firma zurück; man überlege sich auch, den Firmennamen zu ändern usw.
Sumpf, soweit das Auge blickt. Der Sumpf reicht bis ins Ennstal. Im Sumpf ist es besonders wichtig, wer wen kennt. Zum Beispiel kennt ÖVP-Verkehrslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder ihren Parteifreund Ernst Strasser. Der als „Lobby-Maschine” bekannte Ex-Innenminister wiederum kennt Peter Hochegger – und sitzt als „Berater” im so genannten „Advisory Board” von Hocheggers PR-Agentur, welche wie schon erwähnt von Edlinger-Ploder 110.400 € erhielt, um das hiesige „Umfeld” zu „managen”, sprich die Hirne der widerspenstigen Ennstaler mit Hilfe moderner PR-Techniken pro Straßenbau zu manipulieren. Da der Widerspenstigen Zähmung gemäß PR-Lehrbuch mit Hilfe “unabhängiger Experten” leichter gelingt, wurde um weitere 66.000 € auch noch das Schweizer Malik-Institut hinzugezogen. Die erstellte Studie ist wissenschaftlich fragwürdig. Malik-Institutsgründer Fredmund Malik ist hierzulande auch kein Unbekannter: Von 2004 bis 2007 war der ÖVP-nahe Management-Guru Aufsichtsrat bei den ÖBB, musste dann allerdings „freiwillig” zurücktreten. Grund für Maliks Rücktritt waren dem eigenen Institut zugeschanzte Beratungsaufträge in Millionenhöhe. Im Aufsichtsrat des Malik-Instituts wiederum sitzt – Zufälle gibt’s! – „Lobbymaschine” Ernst Strasser …
Der mutmaßliche Steuerhinterzieher Walter Meischberger meint, „als Lobbyist arbeitet man im Hintergrund, die Öffentlichkeit muss nicht alles wissen”. Wer so redet weiß, dass er etwas zu verbergen hat. Zu akzeptieren wäre diese antidemokratische Haltung nur, solange die Öffentlichkeit die Zeche nicht bezahlen muss.
Zuerst erschienen in der Monatszeitschrift „Wohin”, Oktober 2009
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