Reinhold Messner im Gespräch
Unter Nicht-Bergsteigern ist Reinhold Messner der bekannteste Kletterer. Als Politiker kämpft die Südtiroler Berglegende gegen die Zerstörung der Alpen durch Autobahnen und gegen die „Totengräber des Tourismus“. |
Frage: Ein großes Problem in den Alpen ist der Verkehr, vor allem der Transit. Sehen Sie da eine Lösung?
Reinhold Messner: In Europa hat die Diskussion darüber nicht ehrlich angefangen. Hier in Italien werden die Autobahnkonzessionen mit der Auflage vergeben, neue Autobahnen zu bauen. Ich habe als Abgeordneter im Europäischen Parlament der EU-Kommission die Frage gestellt, ob diese Art der Vergabe und das Fehlen einer europaweiten Ausschreibung legal ist.
Die Kommission hat das verneint. Nun ist vorgeschrieben, dass mit der Konzession für die Brennerautobahn der Betreiber verpflichtet wird, mit den Gewinnen den Schienenverkehr zu finanzieren. Dafür werde ich in Südtirol massiv angegriffen von jenen, die angeblich den Transitverkehr auf die Schiene verlagern wollen.
Frage: Dahinter stehen ja starke wirtschaftliche Interessen. Wie geht man dagegen vor?
Reinhold Messner: Die lokalen Regierungen müssen endlich handeln. Es muss klar sein: Wer heute im Gebirge eine Autobahn baut, wird zum Totengräber des Tourismus in dieser Gegend. Aber Politiker schielen nach Mehrheiten. Ich glaube den allermeisten kein Wort.
Frage: Aber Sie sind inzwischen selbst Politiker.
Reinhold Messner: Dabei habe ich ja erfahren, wie das Volk belogen wird. Wenn man etwas verändern will, muss man selbst handeln. Da hilft keine europäische Politik und keine nationale. Selber machen und dabei lernen, heißt mein Zugang. Die Alpenbewohner müssen Alternativen entwickeln. Wie Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und Tourismus zusammen funktionieren sollen, kann nur in Versuchen erarbeitet werden. Immer wieder. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir untergehen.
Quelle: TAZ Nr. 6678, Interview: Bernhard Pötter (gekürzt)
Reinhold Messner wurde 1944 im Südtiroler Brixen als zweites von neun Kindern geboren. Während der 60er- und 70er-Jahre gehört er zu den wegweisenden Kletterern: Während die meisten Alpinisten sich damals schwierige Gipfel und Wände mit Bohrhaken und Stromaggregat geradezu unterwarfen, zeigten Messner und andere, wie es mit leichtester Ausrüstung zu schaffen war. Bis in die 80er folgten dann die berühmten „Allein und ohne Sauerstoffmaske“-Begehungen der großen Himalajagipfel bis hin zum Mount Everest. Reinhold Messner ist Autor zahlreicher Bücher und zog 1999 ins Europaparlament ein.