17. März 2011
Kommentar von Robert Misik
Der Extrem-Lobbyist und Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) hatte auch in Sachen Ennstaler Verkehrslösung seine Finger im Spiel – laut Geheimvertrag als „Aquisiteur” von Peter Hocheggers PR-Agentur und ebenso als Aufsichtsrat des Malik-Managementzentrums im schweizerischen St. Gallen, das via Hochegger von der seinerzeitigen Verkehrlandesrätin Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP) den Auftrag zu einer fragwürdigen „Attraktivitätsstudie” erhielt. Wie Grasser gilt inzwischen auch Strasser als Fleisch gewordene Unschuldsvermutung. Ein Kommentar von Robert Misik.
Manchmal verstehe ich meine Journalistenkollegen und –kolleginnen ja nicht so ganz. Auch jetzt gerade. Der Auseinandersetzung in der ÖVP-Europaparlamentsfraktion geben sie, wie etwa gestern in der ZiB-2, gewissermaßen den Spin: „Strasser gegen Karas”. Als ginge es dabei vornehmlich um persönliche Rivalitäten.
Dabei ist das natürlich kein Fall Strasser-Karas sondern ein Fall Strasser. Auf der einen Seite ist ein unter multiplen Korruptionsverdacht stehender Ex-Minister und nunmehriger EU-Parlamentarier. Diesem Abgeordneten wurde von scheinbaren Lobbyisten – in Wirklichkeit waren es Journalisten der „Sunday Times” – 100.000 € und vielfältige sonstige Gefälligkeiten versprochen, wenn er sich für Finanzmarktgesetze im Sinne der Banken und großen Versicherer stark machen würde. Worauf der Abgeordnete bei seinen zuständigen Kollegen und Kolleginnen in mehreren Mails Einfluss im Sinne der Lobbyisten zu nehmen versuchte.
Ob der dafür Geld erhalten hat, ob er nur darauf hoffte oder nichts von beidem, weiß man noch nicht. Es gilt, wie beinahe täglich bei Strasser, die Unschuldsvermutung.
So – und dieses Agieren Strassers gefällt Othmar Karas nicht, der eine der anständigsten Figuren in der ÖVP-Politikerriege ist. So wie das jeden anderen anständigen Menschen nicht gefallen würde.
Und deshalb soll die Story als „Politikerrivalität” erzählt werden? Als Konflikt zweier verfeindeter Parteifreunde über eine undurchsichtige Causa?
So dass das dann als „komische Geschichte” (Josef Pröll) verkauft werden kann. Aber an dieser Geschichte ist nichts komisch. Sie fügt sich sogar wunderbar in viele andere Episoden, die zeigen, dass Ernst Strasser Politik offenbar vor allem als Mittel zur dubiosen Selbstbereicherung ansieht. Erst jüngst sorgten hohe Geldflüsse von der Agentur Hochegger an Strasser für Schlagzeilen – offenbar hatte Strasser der bulgarischen Regierung irgendwie unter die Arme gegriffen. Und überraschend ist an dem allen auch nicht viel: die schwarz-blaue Kamarilla, der Strasser als Innenminister führend angehörte, machte das von jeher so – Politik als Beutezug, um Gelder in private Taschen umzuleiten. Die Bilanz dieses Raubrittertums hat „profil” diese Woche gezogen: 60 Millionen Euro wurden in die Freunderlnetzwerke umgeleitet. 60 Millionen Euro Beute.
Dass Strasser noch immer EU-Abgeordneter ist, ist eine ungeheure Provokation. Wie lange will uns Herr Pröll diesen Typen eigentlich noch zumuten?