5. März 2011, Kleine Zeitung
Zuerst ärgerten sich Kunden über verwaiste Fahrkartenschalter, jetzt immer öfter über geschlossene Bahnhofs-WCs. ÖBB argumentieren mit niedriger Frequenz und Vandalismus.
Flächendeckend fährt die ÖBB an kleinen Bahnhöfen die bisher gewohnte Infrastruktur herunter. Diese Erfahrung musste auch Dorit F. aus dem steirischen Studenzen-Fladnitz machen. Bereits vor zwei Jahren wurde in ihrem Bahnhof der Fahrkartenschalter geschlossen, jetzt auch die WC-Anlagen. Für die ältere Dame eine Zumutung, da sie gerne frühzeitig am Bahnhof ist. Doch nicht nur in Studenzen, auch in Wald am Schoberpass fand F. kürzlich nur versperrte WC-Türen vor, berichtete sie help-ORF.
Dahinter stecke „keine Zusperr-Strategie” seitens der ÖBB, versichert deren steirischer Sprecher Walter Mocnik. Doch es sei nicht „Kernaufgabe der Bahn, Sanitäranlagen zu betreiben”. An kleinen Bahnhöfen komme es vermehrt zu Vandalenakten, die die Kosten für den Betrieb erhöhten. Das Interesse der Gemeinden, die man um Unterstützung gebeten habe, sei meist gering.
Auch in Kärnten gibt es an Bahnhöfen wie etwa in Kirchbach im Gailtal oder Tainach/Stein keine Sanitäranlagen mehr. Christoph Posch, der Kärntner ÖBB-Sprecher, erklärt warum: „In unseren Netzzugangsbestimmungen ist festgelegt, was Bahnhöfe mit einer bestimmten Kundenfrequenz aufweisen müssen. Bei schwächer frequentierten Bahnhöfen sind keine WCs mehr vorgesehen.” Das habe mit der Liberalisierung des Schienennetzes zu tun.
Das heißt, es werden sukzessive alte Bahnhöfe mit WC-Anlagen zurückgebaut. Wie viele insgesamt in den Bundesländern betroffen sind, können weder Mocnik noch Posch sagen. Mit entsprechender Kostenbeteiligung der Gemeinden könnte das eine oder andere WC aber bestehen bleiben.
Thomas Hader, Verkehrsexperte der Arbeiterkammer, stellt da eine „gewisse Ideenlosigkeit” fest. Es gehe um die Qualität der Bahnhöfe.
Kommentar von Beate Pichler, Kleine Zeitung:
Immer diese Nörgeleien, man kann's schon fast nicht mehr hören: Da regen sich die einen über geschlossene Fahrkartenschalter auf, andere kommen mit den Automaten nicht zurecht, manchen graut vor den Abteilen, anderen vor (fehlenden) Verbindungen – und jetzt? Beschweren sich Zugkunden auch noch, dass immer mehr kleine Bahnhöfe ihre WC-Anlagen dicht machen. – Aber Entschuldigung: In Ihrer Garage zu Hause haben Sie doch auch keine Toilette stehen?
Und außerdem: Es muss ja keiner Zug fahren!
Stellen Sie sich vor, was sich die Republik ohne Bahn sparen könnt': Kein Streit mehr ums Budget, zig Milliarden für andere Löcher, die's zu stopfen gilt, keine Endlos-Diskussionen um Semmering- oder sonstige Tunnels, eine Riesenbahnhofsbaustelle in Wien und viele andere weniger – und das schönste: Es fielen nicht einmal mehr Kanalgebühren an.
Sollten wir uns allerdings doch einen öffentlichen Verkehr leisten wollen, weil wir ihn uns leisten müssen, dann muss uns endlich klar sein: Der zieht nur, wenn er auch attraktiv ist. Und dazu, nicht böse sein, gehört auch ein Häusl, wenn's Not ist.