17. Oktober 2013, Ute Groß, Kleine Zeitung
Über 20 Jahre kämpfte Barbara Stangel für den Erhalt von Lebensqualität und Umwelt im Ennstal. Nun starb sie bei einem Verkehrsunfall.
Unsere Barbara Stangel, Mutbürgerin der ersten Stunde, Galionsfigur der Verkehrsbürgerinitiativen und NETT-Pressesprecherin, hat durch ihren jahrzehntelangen, selbstlosen Kampf das Ennstal erfolgreich vor der Zerstörung durch Autobahnbau und Transitverkehr geschützt. Am späten Nachmittag des 15. Oktober 2013 ist Barbara auf dem Heimweg durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. (Foto ©: Ute Groß)
Die furchtbare Nachricht verbreitete sich Dienstag in schonungsloser Geschwindigkeit, geschockte Ersthelfer informierten Bekannte, Freunde und Wegbegleiter wurden per Telefon aus dem beschaulichen Alltag gerissen und bleiben in tiefer Betroffenheit zurück.
Barbara Stangel (54) war eine bekannte Größe im Bezirk und weit darüber hinaus. Eine zynische Spielart des Lebens, dass die Kämpferin gegen Transit, Verkehrsflut und ungezügelten Straßenbau bei einem Unfall sterben musste. In ihrem Heimatort, dem sie Autobahn und Schnellstraße ersparte, wenige Meter von ihrem Wohnhaus entfernt. Wer im Ennstal Straßen bauen oder verhindern wollte, kam an Barbara Stangel nicht vorbei. Erstere wurden in der Sache bekämpft, Zweitere mit Sachverstand und Herzblut unterstützt. Über 20 Jahre kämpfte Barbara Stangel für den Erhalt von Lebensqualität und Umwelt im Ennstal – für sie hieß das Natur statt Asphalt, Nachhaltigkeit und vor allem die Einbeziehung der Bevölkerung in Entscheidungen, die unmittelbare Wirkung entfalten. Sie war und bleibt Galionsfigur des Widerstandes, Vorbild für Bürgerbewegte aller Art.
Sie war keine, die sich mit vor der Brust verschränkten Armen aufs "Nein"-Sagen beschränkte, wenngleich Vorwürfe dieser Art ständige Begleiter waren. Wer ihr Anliegen verstehen wollte, musste sich in der Kunst des Zuhörens üben. Das konnte mitunter mühsam und zeitaufwendig sein, aber, die Öffnung von Verstand und Herz vorausgesetzt, erfrischende Bereicherung bescheren. Barbara Stangel überzeugte neben dem gelebten Anliegen mit beeindruckender Sachkenntnis, sie bewegte sich sicher in der trockenen Materie von Umwelt- und Verfahrensrecht. Damit wurde letztendlich auch die umstrittene Ennsnahe Trasse zu Fall gebracht, die nicht, wie vielfach angenommen der Wachtelkönig verhinderte, sondern das Wasserrecht. Zähigkeit und Beharrlichkeit waren ihre Markenzeichen, menschlich beeindruckte der Respekt, den sie Andersdenkenden unerschütterlich entgegenbrachte. Konfliktfähigkeit im bestmöglichen Sinn des Wortes. Sie selbst erarbeitete sich diesen Respekt mühsam, lernte dabei, Anfeindungen nicht zur Verletzung werden zu lassen.
Sie habe, sagte sie in einem Interview, Angriffe nie persönlich genommen. Auch erbitterte Gegner ihrer Haltung kamen bei allen inhaltlichen Gegensätzen nicht umhin, ihrer Persönlichkeit und sachlichen Arbeit hohe Achtung zu zollen. Ihren politischen Überzeugungen folgend, versuchte sie auch ein Engagement bei den Grünen – und scheiterte schmerzhaft an internen Strukturen und Machtkämpfen. Die Überwindung dauerte, doch die innere Stärke ließ den Pragmatismus zu, der eine weitere Zusammenarbeit im Sinn der gemeinsamen Sache ermöglichte. Ihre Lebensplanung beinhaltete den Wunsch, sich mit dem 50. Geburtstag aus der ersten Reihe im Abwehrkampf zurückzuziehen, doch sie sah ihr Ziel wegen neuer Straßenbaudebatten noch nicht erreicht und vertagte den Rückzug um zehn Jahre.
Das Schicksal hat anders entschieden. Ihr Vermächtnis bleibt, wer mit Tatkraft oder im Geiste mit ihr kämpfte, oder still das Anliegen teilte, wird sich in Dankbarkeit erinnern, die Kraft, die Haltung, eine Überzeugung mit aller Konsequenz zu leben, ist Beispiel für jeden wachen Bürger. Barbara Stangel hinterlässt ein wertvolles Erbe. Es wird von ihren Mitstreitern würdig verwaltet werden.