29. Dezember 2010, Kleine Zeitung
Geplanter Kahlschlag der ÖBB trifft das Ennstal besonders hart. Gestrichen wird auf der Strecke Graz-Salzburg, Wien-Schladming und Graz-Innsbruck. WM-Region will kämpfen.
Von Ute Groß
„Wenn das die nachhaltige Regionalentwicklung ist – dann gute Nacht Österreich und gute Nacht EU”, kommentiert Schladmings Bürgermeister Jürgen Winter in einer ersten Reaktion die neuen Kahlschlag-Pläne der ÖBB. Für Schladming, zentraler Bahnhof des oberen Ennstales, sei das ”undenkbar„, so Winter. Im Einzugsgebiet leben etwa 13.500 Menschen, pro Jahr werden gut zweieinhalb Millionen Nächtigungen gezählt. „Immer mehr Gäste nützen für die Anreise die Schiene, die Streichung von Zügen würde uns massiv treffen”, ist der Schladminger Bürgermeister überzeugt.
Die ÖBB wollen die IC-Verbindungen zwischen Graz und Salzburg mit dem Fahrplanwechsel Mitte Juni 2011 fast zur Gänze kappen – eine Ausnahme gibt es nur für drei Zugpaare, diese betrifft die Züge Richtung Saarbrücken und Frankfurt in Deutschland. Diese könnten, so berichten Bahn-Insider, nicht so einfach gestrichen werden, da zwischen den ÖBB und der Deutschen Bahn ein Kooperationsvertrag bestehe. Geführt werden diese Züge mit Wagenmaterial und Triebfahrzeugen der DB. Völlig offen sei jedoch, ob diese Verbindungen den folgenden Fahrplanwechsel überleben. Als Hintergrund der geplanten Einstellung der österreichischen Züge wird der enorme Abgang im ÖBB-Fernverkehr von rund 40 Millionen Euro ins Treffen geführt. Auf der Abschussliste der ÖBB stehen außerdem die IC-Verbindungen zwischen Graz und Innsbruck – die Leistungen sind, wie auch für Graz-Salzburg, nur mehr bis 11. Juni kommenden Jahres bestellt, heißt es aus mit den Planungen der Bahn gut informieren Quellen. Weiters fallen zwei Züge zwischen Selzthal und Schladming (Verbindung von Wien-West nach Schladming) weg – ausgerechnet an den Wochenenden und an Feiertagen.
Bürgermeister Jürgen Winter hat am Dienstag bereits Gespräche mit den Tourismusverantwortlichen geführt und kündigt „geeignete Maßnahmen” an, um die Kürzungen im Bahnverkehr noch zu verhindern. „Es hilft nichts, wenn wir uns im Ennstal gegenseitig leidtun, wir müssen gemeinsam etwas unternehmen.” Er will sich an Verkehrslandesrat Gerhard Kurzmann und Ministerin Doris Bures wenden und versuchen, eine Lösung zu erreichen. „Mit Salamitaktik wird der Bevölkerung im Ennstal die Lebensgrundlage entzogen, so geht's nicht”, wettert Winter. Die Pläne der ÖBB seien „ein Klassiker dafür, wie mit regionaler Entwicklung umgegangen wird”. Winter kritisiert, dass das Ennstal im Generalverkehrsplan weder bei der Schiene noch bei der Straße eine Rolle spiele.
Massive Kritik kommt auch von den Grünen – das Aus für Graz-Salzburg kurz vor der Schi-WM würde der Obersteiermark enorm schaden. „Die ÖBB haben Hunderte Millionen Euro verspekuliert, immense Abfindungen für ihre unfähigen Parteibuch-Manager gezahlt – und jetzt wollen sie dafür Bahnkunden die Zeche für die hohen Verluste zahlen lassen. Das dürfen wir den ÖBB nicht durchgehen lassen, die Steiermark darf nicht zum Verkehrsstiefkind Österreichs verkommen”, donnert der Abgeordnete und grüne Verkehrssprecher Lambert Schönleitner.
Für die WM bedürfe es einer Taktverdichtung, keiner Kürzung. Schönleitner fordert Landeshauptmann Franz Voves auf, „in Wien endlich auf den Tisch zu hauen”.