März 2008, AKTIVplus Nr. 117
Regionaler Planungsbeirat verweigert (noch) den Dialog, weil einige Hardliner blockieren
Gröbming, Ende Jänner. Über 200 Menschen waren in die Kulturhalle gekommen, um aus erster Hand die Ergebnisse der großen Verkehrsbefragung Ennstal zu erfahren.
Zur Erinnerung: Im vergangenen Oktober wurden die Ennstalerinnen und Ennstaler zum ersten Mal (!) um Ihre Mitarbeit und Meinung in Sachen Verkehrslösung gebeten. Initiiert wurde die Befragung – nein, nicht von der „verantwortlichen” Politik, sondern – von der „Arbeitsgemeinschaft Intermodale Verkehrsplanung” unter der Leitung des Verkehrsplaners Univ.Prof. DI Dr. Hermann Knoflacher von der Technischen Universität Wien. Sein Grundsatz: „Planen kann man nur mit den Bürgerinnen und Bürgern, denn sie müssen mit den Lösungen leben.” Was also wollen die Bürgerinnen und Bürger wirklich? Das herauszufinden war Zweck der Verkehrsbefragung.
Nicht nur das Ergebnis, sondern auch die hohe Beteiligung war für alle eine Überraschung: repräsentative 20,7 Prozent aller betroffenen Haushalte haben den 20seitigen Fragebogen ausgefüllt. Die Auswertung zeigt deutlich auf, was die Bevölkerung von Radstadt bis Liezen will und was nicht.
So votieren beispielsweise 81 % für ein Lkw-Nachtfahrverbot, 88 % wollen eine 7,5 Tonnage-Beschränkung für Durchzugs-Lkw, 91 % sind für häufigere Zugverbindungen und 92 % für den Ausbau der öffentlichen Zubringerdienste. Der Neubau einer vierspurigen Schnellstraße oder Autobahn bis Trautenfels, wie ihn sich einige Politiker und Landesbeamte wünschen, wird dagegen von 71 % der Bevölkerung abgelehnt.
Fazit: Die große Mehrheit will weniger Verkehr, eine flächendeckende Verbesserung der öffentlichen Verbindungen und eine ganzheitliche, intermodale Verkehrsplanung, die alle ökologischen und wirtschaftlichen Folgen berücksichtigt. Ein klares Signal an die Politik – möchte man meinen.
Die hohe Beteiligung an der Erhebung ist ein demokratischer Auftrag an den Regionalen Planungsbeirat, sich mit den Ergebnissen und den Anliegen der Bevölkerung zu beschäftigen, bevor weitere Entscheidungen in Verkehrsangelegenheiten – auch von Landesseite – getroffen werden. Im Planungsbeirat wurde deshalb vom Vorsitzenden, LAbg. Ewald Persch (SP), ein Antrag auf Anhörung der Ergebnisse der Verkehrsbefragung und der Intermodalen Verkehrsstudie gestellt.
Ergebnis der Abstimmung: Einige Politiker weigern sich, die Anliegen der Bevölkerung zur Kenntnis zu nehmen; im Detail: 11 Mitglieder des Planungsbeirates waren dafür, dass Prof. Knoflacher die Ergebnisse dem Planungsbeirat präsentieren soll, 14 stimmten dagegen und 16 – das sind ca. 40 Prozent der Stimmberechtigten – enthielten sich der Stimme.
„Diese 40 % haben nicht dagegen gestimmt, aber auch nicht dafür, offenbar weil sie politisch abhängig sind”, meint Waltraud Mitteregger, Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft: „Sie weigern sich, Verantwortung zu übernehmen! Wozu sitzen sie dann in diesem Gremium?”
„Die hohe Beteiligung an der Haushaltsbefragung ist eine demokratische Verpflichtung, die Anliegen der Bevölkerung anzuhören”, sagt auch NETT-Obmann Dr. Rolf Seiser. „Die Dialogverweigerung des Planungsbeirates ist ein demokratiepolitischer Skandal, den die Ennstalerinnen und Ennstaler sicher nicht akzeptieren werden.”
„Ein demokratischer Auftrag von tausenden Ennstalern kann doch nicht mit zwei, drei Stimmen niedergestimmt werden. Jede Nein-Stimme ist eine Stimme für noch mehr Schwerverkehr als 3500 Lkw täglich. Das steht im klaren Widerspruch zum Willen der Bevölkerung”, stellt Waltraud Mitteregger fest. „Jede Ja-Stimme ist hingegen eine Stimme für die Erhaltung der ökologischen und ökonomischen Lebensgrundlagen. Nur diese Bürgermeister sind zukunftsfähig und werden im Ennstal langfristig erfolgreich sein.”
„Man kann dem Planungsbeirat vieles nachsagen. Politische Klugheit aber mit Sicherheit noch nicht” resümiert Zukunft Ennstal-Koordinator Moreau: „Der Planungsbeirat soll eine Art Regionalparlament sein, aber er steckt noch in den Kinderschuhen. Da sitzen ja noch nicht einmal alle Interessensvertretungen drin. Wenn tausende Ennstaler sagen, das und das wollen wir und das wollen wir nicht, dann haben unsere Volksvertreter das zur Kenntnis zu nehmen. Ein Politiker, den der dokumentierte Wille der Bevölkerung nicht interessiert, disqualifiziert sich selbst. Darum ist in dieser Sache das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen.”